Einführung: Serotonin und 5-HTP im Expertencheck
Serotonin – nur das Glückshormon?
Serotonin – das Glückshormon – hat so viel mehr drauf, als lediglich die Stimmung anzuheben. Wir erklären dir, wie Serotonin in deinem Körper entsteht, welche Funktionen es hat und warum deine Serotonin-Produktion möglicherweise nicht richtig funktioniert. Außerdem erfährst du hier mehr über 5-HTP. Das ist die Vorstufe von Serotonin und eine spannende Aminosäure, die es leider zurzeit nicht leicht hat. Wie es sich für einen Expertencheck gehört, kannst du dich außerdem auf spannende Studien im Literaturverzeichnis freuen.
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Inhaltsverzeichnis
• Was ist Serotonin?
• Welche Funktionen hat Serotonin?
• Wie wird Serotonin produziert?
• Was ist 5-HTP und wie wirkt 5-HTP?
• Ist 5-HTP als Nahrungsergänzungsmittel erlaubt?
• Was ist L-Tryptophan und wie wirkt L-Tryptophan?
• Unser Tipp für deinen Serotonin-Stoffwechsel
• Literaturverzeichnis
Was ist Serotonin?
Serotonin ist ein Hormon und ein Neurotransmitter deines Körpers. Oftmals wird Serotonin als das Glückshormon bezeichnet. Das Hormon wird zu 90 % im Darm produziert. Dieses Serotonin gelangt dann ins Blut und kann von Thrombozyten und Blutzellen gespeichert werden. Nur die Blut-Hirn-Schranke kann das fertige Serotonin nicht überwinden. Als Neurotransmitter im zentralen Nervensystem muss Serotonin daher separat produziert werden. Die hauptsächliche Produktionsstätte sind hier die Raphe-Kerne, das sind Kerngebiete im Hirnstamm.
Welche Funktionen hat Serotonin?
Serotonin ist weit mehr als “nur” das Glückshormon. Nicht nur im Gehirn, sondern auch im restlichen Körper ist Serotonin von Bedeutung.
Überall dort, wo der Serotonin-Rezeptor zu finden ist, kann auch Serotonin eine Wirkung ausüben.
So hat es unter anderem folgende Funktionen im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark):
• Im zentralen Nervensystem ist es an der Schmerzhemmung beteiligt
• Thermoregulation, zum Beispiel beim Schutz vor Kälte oder bei der Entstehung von Fieber; Serotonin trägt hier wahrscheinlich dazu bei, dass Fieber in Folge des Infekts entsteht1
• Serotonin und sein Rezeptor 5-HT4 beeinflussen die Codierung und den Inhalt von Erinnerungen des Gedächtnisses2
• Es ist die Vorstufe für das Schlafhormon Melatonin und trägt damit zur Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus bei
• Beeinflussung des Essverhaltens; an den Synapsen wird nach besonders kohlenhydratreichen Mahlzeiten mehr Serotonin gebildet, beim Fasten verbleibt mehr Serotonin im synaptischen Spalt und kann dadurch länger wirken3; Serotonin hat also indirekt mittels der Kontrolle unserer Stimmung einen Einfluss auf unser Essverhalten – im Guten wie im Schlechten
• Regulation des Sexualverhaltens; Serotonin zeigt primär eine hemmende Wirkung auf das Sexualverhalten4, während andere Neurotransmitter wie Dopamin eine aktivierende Wirkung haben
• Steuerung von emotionalen Prozessen
Auch außerhalb des Nervensystems ist Serotonin wichtig. Hier hat es vor allem folgende Funktionen:
• In der Lunge kann Serotonin eine Gefäßverengung bewerkstelligen (Vasokonstriktion)
• Serotonin kann deinen Blutdruck ändern; langfristig führt Serotonin zu einer Hypotonie, also einem niedrigeren Blutdruck5
• Serotonin hat außerdem eine Rolle bei der Blutgerinnung; hier erhöht es die Thrombozytenaktivität, also die Aktivität der Blutplättchen, und kann eine Vasokonstriktion – also eine Gefäßverengung – an der verletzten Stelle bewirken
• Eine überaus wichtige Funktion von Serotonin ist der Einfluss auf die Darmperistaltik; Serotonin führt zu einer Anregung der Darmmuskulatur, was dann die Verdauung anregt
Wie wird Serotonin produziert?
Serotonin wird über mehrere Zwischenschritte gebildet. Kennst du die Aminosäure L-Tryptophan? Diese ist der Ausgangsstoff für die Synthese von Serotonin. Über ein Enzym wird das Tryptophan zu 5-HTP, also 5-Hydroxytryptophan, umgewandelt.
Für die Chemie-Fans unter euch: Das Enzym nennt sich Tryptophanhydroxylase und hängt eine Hydroxylgruppe (OH-Gruppe) an das 5. C-Atom.
Wichtige Co-Faktoren der Reaktion sind Vitamin B3, B6 und Magnesium.

5-HTP kann nun weiterreagieren. Während nur weniger als 5 % des Tryptophans zu 5-HTP werden, liegt die Umwandlungsrate für 5-HTP deutlich höher. Fast das gesamte 5-HTP wird zu Serotonin umgewandelt. Das geschieht über eine Decarboxylase, die Vitamin B6-abhängig 5-HTP zu Serotonin umwandelt. Auch hier ist also Vitamin B6 notwendig.
Nun haben wir fertiges Serotonin. Wie du sehen kannst, ist die Produktion dieses Neurotransmitters abhängig von verschiedenen Variablen, unter anderem von folgenden:
• Für die Aufnahme in das ZNS (zentrale Nervensystem) konkurriert L-Tryptophan mit anderen Aminosäuren; wird sehr viel Protein konsumiert, kann das anteilige Tryptophan unter Umständen sogar schlechter zur Synthese im ZNS aufgenommen werden
• Tryptophan kann auch zu Kynurenin abgebaut werden; Entzündungen und damit verbundene Zytokine verschieben das Gleichgewicht stark in diese Richtung6
• Die Co-Faktoren Vitamin B3, B6 und Magnesium müssen verfügbar sein
5-HTP ist also die vorteilhafteste Art, die Serotonin-Synthese zu unterstützen. Das liegt daran, dass Tryptophan unterschiedlichen Stoffwechselwegen zugeführt werden kann und Serotonin die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann.
Was genau ist 5-HTP eigentlich und wie wirkt es?
Was ist 5-HTP und wie wirkt 5-HTP?
5-HTP bedeutet 5-Hydroxytryptophan. Trotz der kleinen Veränderung am Tryptophan ist 5-HTP prinzipiell immer noch eine Aminosäure. Als direkte Vorstufe von Serotonin wirkt es anfangs stimulierend, da es zum Glückshormon Serotonin umgewandelt wird. Nach kurzer Zeit, besonders abends, wenn kein Sonnenlicht mehr eintrifft, wird dieses gebildete Serotonin zum Schlafhormon Melatonin umgewandelt. Damit hat 5-HTP verschiedene Wirkungen, je nach Einnahmezeitpunkt und Betrachtung der Zeitspanne.
Manche Pflanzen enthalten die modifizierte Aminosäure sogar direkt. Die Samen der Griffonia simplicifolia Baill. sind besonders reich an 5-HTP. Aus diesen Pflanzen kann das 5-HTP beispielsweise für Nahrungsergänzungsmittel oder Pharmazeutika extrahiert werden7.
Da es zu Serotonin und anschließend zu Melatonin umgewandelt wird, hat es potentielle Effekte im Bereich Depressionen, Ängstlichkeit und Panik sowie bei Schlafproblemen, Migräne und als Antioxidans. Diese möglichen Wirkungen sind Thema aktueller Forschung und werden daher noch untersucht.
Im Folgenden haben wir eine Zusammenfassung der Ergebnisse einiger Studien, die sich mit der Wirkung von 5-HTP beschäftigt haben:
• 5-HTP könnte bei der Behandlung von Kindern mit Nachtängsten ("night terror") hilfreich sein, da das abendliche Aktivitätsniveau der Kinder moduliert werden konnte8
• 5-HTP kann den Anteil des REM-Schlafs erhöhen9
• Auch bei Parkinson-Patienten, die eine REM-Schlafstörung als Begleitsymptom hatten, war eine Behandlung mit 5-HTP laut einer Studie von 2021 hilfreich10
• In einer Tierstudie konnte gezeigt werden, dass 5-HTP die Folgen von Schlafmangel und Serotoninmangel rückgängig machen konnte11
• Eine wissenschaftliche Arbeit aus dem Jahr 2020 untersuchte die Effektivität von 5-HTP bei der Behandlung von Depressionen, indem mehrere klinische Studien bewertet und in ihrer Effektivität zusammengefasst wurden; es konnte ein positiver Effekt von 5-HTP bei Depressionen gezeigt werden, wobei weitere Studien nötig sind12
• 5-HTP hat potentielle antioxidative Eigenschaften und ist kann als Vorläufer von Melatonin zusätzlich antioxidativ wirken, da Melatonin ein starkes Antioxidans ist13
Ist 5-HTP als Nahrungsergänzungsmittel erlaubt?
5-HTP bewegte sich lange in einem Graubereich. Seit März 2022 zählen allerdings der einzige mögliche Extrakt aus der Griffonia simplicifolia und auch das synthetisch gewonnene 5-HTP zu den sogenannten “Novel Foods”14. Die zuständige Kommission der EU, die EFSA, muss diese Novel Foods erst prüfen, bevor sie als erlaubt gelten. Leider gibt es aktuell keine anderen Quellen für 5-HTP, weswegen diese Änderung vorerst dazu führen wird, dass 5-HTP Stück für Stück vom Markt verschwindet.
Ein möglicher Ersatz ist das L-Tryptophan, obwohl die Umwandlungsrate in 5-HTP nicht gerade optimal ist. Was genau ist Tryptophan und wie kann die Umwandlung von L-Tryptophan in 5-HTP gefördert werden?

Was ist L-Tryptophan und wie kann es besser in 5-HTP umgewandelt werden?
L-Tryptophan ist eine proteinogene Aminosäure. Das bedeutet, sie kommt in Proteinen vor und wird außerdem für die Proteinsynthese in deinen Zellen benötigt. Du nimmst sie mit einer proteinreichen Mahlzeit auf. Anschließend wird ein kleinerer Teil des Tryptophans übers Blut zum Gehirn transportiert, um dort für die Bildung von Serotonin zu sorgen, aber auch anderen Stoffwechselwegen zu zutragen.
Hier kommen wir auch schon zum Problem: Tryptophan wird hauptsächlich in den Kynurenin-Stoffwechsel geschleust. Dieser Stoffwechsel ist besonders aktiv, wenn Entzündungen vorliegen, also besonders viele Zytokine (Botenstoffe des Immunsystems) vorhanden sind oder aber bei erhöhtem Radikalstress. Dann wird fast das gesamte L-Tryptophan für die Produktion von Reduktionsäquivalenten benötigt. Es zeigte sich, dass ein Teil dieser Zwischenprodukte antioxidative Eigenschaften hat und so möglicherweise zur Bekämpfung des oxidativen Stress dient15. Das klingt doch nicht schlecht, oder? Leider sind nicht alle Produkte so freundlich. Ein Teil bewirkt nämlich genau das Gegenteil.
Auch wenn dein Körper es möglicherweise gut meint, wenn er den Kynurenin-Stoffwechsel fördert, er führt damit durch die übermäßige Aktivierung bestimmter Enzyme zu einer starken Radikalbildung und Produktion von entzündlichen Stoffen16. Diesen Stoffwechselweg wollen wir daher auf keinen Fall weiter fördern, wenn wir Tryptophan zusätzlich geben, auch wenn nicht jeder dieses Stoffwechselproblem hat. Wie kann man nun sicherstellen, dass das Tryptophan stattdessen der Serotonin-Produktion dient?
Durch die zusätzliche Gabe von potentiell antientzündlichen und entzündungsregulierenden Stoffen versuchen wir, den Kynurenin-Weg zu hemmen, indem die Entzündung reguliert wird. Weiterhin setzen wir auf die Verwendung von bioaktiven Co-Faktoren für die Umwandlung von Tryptophan zu 5-HTP und anschließend zu Serotonin.
Unser Tipp für deinen Serotonin-Stoffwechsel
Unsere Produkte NEUROtonin und NEUROadapt unterstützen beide die Produktion von Neurotransmittern, unter anderem von Serotonin. Für eine optimale Umwandlung enthalten beide Produkte Vitamin B3 und B6. Während NEUROtonin besonders auf den Serotonin-Melatonin-Stoffwechsel abzielt, ist das Ziel von NEUROadapt eher eine umfassende Regulation.
Welches Produkt das richtige für dich ist, erfährst du mit einem Blick auf die Produktbeschreibung oder bei deinem Therapeuten oder deiner Therapeutin.

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[1]: Schwartz, P., Wehr, T., Rosenthal, N. et al. (1995). Serotonin and Thermoregulation. Neuropsychopharmacology. 13. 105-115. 10.1038/sj.npp.1380280.
[2]: Twarkowski, H., Hagena, H., Manahan-Vaughan, D. (2016). The 5-hydroxytryptamine4 receptor enables differentiation of informational content and encoding in the hippocampus. Hippocampus, 26(7), 875–891. https://doi.org/10.1002/hipo.22569
[3]: Huether, G., Schmidt, S., Rüther, E. (1998). Essen, Serotonin und Psyche: Die unbewußte nutritive Manipulation von Stimmungen und Gefühlen. Dtsch Arztebl, 95(9), A-477 / B-384 / C-362.
[4]: Uphouse L. (2014). Pharmacology of serotonin and female sexual behavior. Pharmacology, biochemistry, and behavior, 121, 31–42. https://doi.org/10.1016/j.pbb.2013.11.008
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[11]: Smith, R. L., & Kennedy, C. H. (2003). Increases in avoidance responding produced by REM sleep deprivation or serotonin depletion are reversed by administration of 5-hydroxytryptophan. Behavioural brain research, 140(1-2), 81–86. https://doi.org/10.1016/s0166-4328(02)00278-4
[12]: Javelle, F., Lampit, A., Bloch, W. (2020). Effects of 5-hydroxytryptophan on distinct types of depression: a systematic review and meta-analysis. Nutrition Reviews, 78(1), 77–88. https://doi.org/10.1093/nutrit/nuz039
[13]: Reiter, R. J., Mayo, J. C., Tan, D. X. et al. (2016). Melatonin as an antioxidant: under promises but over delivers. Journal of pineal research, 61(3), 253–278. https://doi.org/10.1111/jpi.12360
[14]: https://webgate.ec.europa.eu/fip/novel_food_catalogue/#
[15]: Wang, Q., Liu, D., Song, P. et al. (2015). Tryptophan-kynurenine pathway is dysregulated in inflammation, and immune activation. Frontiers in bioscience (Landmark edition), 20(7), 1116–1143. https://doi.org/10.2741/4363
[16]: Platten, M., Nollen, E. A. A., Röhrig, U. F. et al. (2019). Tryptophan metabolism as a common therapeutic target in cancer, neurodegeneration and beyond. Nat Rev Drug Discov 18, 379–401. https://doi.org/10.1038/s41573-019-0016-5